2024-07-01 12:56

Der lange Weg zurück nach Roth

Work-Life-Balance für Fortgeschrittene.

--- Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nützen ---
(Lucius Annaeus Seneca, Von der Kürze des Lebens 1, 3)
Sonntag, 6. September 2009
TA2009 - 2. Etappe: Krimml-Ahrntal
Quelle: eigenes Bild
Themengruppe: MTB-TA2009
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Krimml liegt 200 hm unterhalb des Einstiegs zum heutigen Pass, dem Highlight der Tour, dem Krimmler Tauern Pass. Die mussten wir frühmorgens also ersteinmal wieder nach oben kurbeln. Ab dieser Abbiegung ging es auf steiler Forststraße hoch zu einem unbeleuchteten Tunnel, wo wir mit unseren Helmlampen gleich noch ein paar anderen Bikern mit ausleuchteten. Nach dem Tunnel wurde die Steigung erträglicher und der Weg führte durch ein wunderschönes Hochtal am Krimmler Tauernhaus vorbei immer direkt auf einen riesigen Gletscher zu. Auch dieser Gletscher war beunruhigenderweise bis ziemlich weit herunter ins Tal blendend weiß. Neuschnee, und das nicht zu knapp.
Irgendwann zweigte dann links aus dem Talgrund en brutal steiler und grobschottriger Steig ab. Nun war es endgültig vorbei mit dem Genussbiken und ab einer kleinen Hütte auf ca. 2000 Metern Seehöhe war dann erst Trial und dann nur noch Schieben angesagt. Fast 2 Stunden ging es dabei durch ein atemberaubend schönes Hochgebirgstal im Nationalpark Hohe Tauern. Der Pass selbst ist eher unspektakulär. Was einem dann aber die Sprache verschlägt ist der Blick auf der anderen Seite hinunter ins Tal. Ein neu angelegter, ca. einen Meter breiter Wanderweg führt über viele dutzende von Serpentinen fast direkt 1000hm hinunter in den Talgrund. Und von oben sieht man fast direkt drauf und über allem thront die Pyramide eines mächtigen Dreieinhalbtausender mit vergletscherten Flanken. Gegenüber weitere Felsstöcke mit weiteren schneeweißen Bergen dahinter. Ich hab schon viele Ecken in den Alpen befahren und bewandert. Das oberste Ahrntal ist aber landschaftlich eines der absoluten Highlights der Zentralalpen. Zweifellos.
Daß der Weg nach unten aber fahrtechnisch hohe Anforderungen stellt, merkte ich erst, als die Luft mit einem lauten Zischen hinten aus einem Snakebite pfiff. Das hatte ich noch nie geschafft. Der Fat Albert war einfach bis zur Felge durchgeschlagen. der Grund hierfür war eine Abflußrinne, die den Wanderweg durchschnitt. Die neu angelegten Rinnen hatten beidseitig einen Randstein mit schöner scharfer Kante. Der Abstand (ca. 30 cm) und die Tiefe (ca. 15cm) der Rinnen wurden von den Erbauern auch so gewählt, daß es richtig schön anspruchsvoll ist, immer kurz vor den Kurven, den Hinterreifen darüberzuheben. Die ersten 20, 30 mal klappte es ganz gut. Als jedoch einmal das timing nicht stimmte, war der Snakebite da. Also Schlauch wechseln und wieder aufsitzen. Nach kaum 100 hm das gleiche Spiel. Jetzt war ich ohne Ersatzschläuche und konzentrierte mich aufs Äußerste. Von Fahrspaß war sowieso schon lange nicht mehr die Rede. Es ging "nur noch ums Überleben" :-). Pffffffff. Jetzt konnte ich erstmal auf meine Begleitung warten und mit deren Schläuchen weitermachen den auf Flicken hatte ich nach dem langen und anstrengenden Tag nun wirklich überhaupt keine Lust.
Mir wurde das Spiel zu mühselig und so bog ich auf ca. 2000 Meter Höhe rechts auf einen nagelneu angelegten Singletrail ab. Diese mündete nach einigem Auf und Ab an einer Forststraße, die dann immer fast auf gleicher Höhe bleibend talauswärts führte. Die Blicke in die hohen Tauern, die sich einem auf diesem Weg bieten werde ich so schnell nicht vergessen. Nach etlichen Kilometern mit sprichwörtlich offenem Mund führte der Weg dann als Speed-Abfahrt hinunter in den Talgrund. Ab hier war der Plan die ca. 50 km auf Teer nach Brixen hinunterzurollen. Als dann aber nach ca. 30 km ein Wellnesshotel an der Straße auftauchte, zog ich praktisch unterbewußt am Bremshebel.

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