2024-07-09 01:25

Der lange Weg zurück nach Roth

Work-Life-Balance für Fortgeschrittene.

--- Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nützen ---
(Lucius Annaeus Seneca, Von der Kürze des Lebens 1, 3)
Samstag, 23. Mai 2009
Monte Casale speciale
Quelle: eigenes Bild
Themengruppe: Mountainbike
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Es gibt eine Tour am Lago, die ich mal spasseshalber aus den Mosertouren San Giovanni, Monte Casale, Passo della Morte und Marocche di Dro zusammengestellt habe. Seitdem warte ich auf richtig gutes und stabiles Wetter. Denn die lange und anstrengende Auffahrt zum Monte Casale wird mit einem atemberaubendem Panorama belohnt. Allerdings nur, wenn der Gipfel nicht, wie leider nur allzu häufig, von Wolkenfetzen und Nebel verhüllt wird. Dann kann es schnell windig, kalt und ziemlich ungemütlich werden.
Heute jedoch versprach der Wetterbericht stabiles Hochdruckwetter und die stramme Ora von Gestern hatte auch die feuchte Luft aus der Poebene weggeblasen. Die Sicht war hervorragend (immer ein gutes Zeichen) und so machten wir uns auf den schweißtreibenden Anstieg hoch zum Rifugio San Giovanni. Nach diesem Pflichtprogramm kam nun die Kür. Auf einem herrlich angelegten Waldweglein erreichten wir die Malga Valbona. Hier zweigte nun rechts ein Pfad ab, der zwar anspruchsvoll, aber weitgehend fahrbar bis hoch zu einer Abbruchkante führt. Ab hier ist dann Nervenkitzel angesagt, wenn man direkt auf einem Grat, gute 1000hm über dem Talgrund, auf einem kurvigem Singletrail entlangbalanciert. Viel zu schnell sind diese Schlüsselstellen pasiert und man erreicht erneut ein kaum zu fahrendes Steilstück, bevor man auf die Fahrstraße hoch zum Rifugio Don Zio gelangt. Aber auch diese Straße hat Rampen mit mind. 25% Steigung zu bieten. Genau das Richtige nach gut 3 Stunden Uphill. Am Rifugio vorbei geht es hoch zu einem flachen Wiesengelände. Und dann hat man plötzlich eines der besten Panoramen der Alpen um sich herum. 360 Grad Faszination. Vom Lago die Garda schweift der Blick über die nordwestlichen Gardaseeberge und wird sofort magisch vom Adamello angezogen. Dieser tief vergletscherte Gebirgsstock prägt die Szenerie mit seinen 3500 Meter hohen Gipfeln. Nach Norden geht der Blick dann in die Brenta. Dolomitengleich reihen sich hier Felsnadeln, Türme, kleinere Gletscher und gigantische Steilwände aneinander. Wendet man den Blick weiter nach Norden und Osten, so kommen Monte Gazza (mit seinem berüchtigten Trail als Endstück der diesjährigern Transalp Challenge), Bondone, Stivo und Velo ins Blickfeld. Und als wäre dies noch nicht genug liegen einem unten in den Tälern ein gutes halbes Dutzend an Trentiner Seen zu Füßen. Mir fällt es schwer mich loszureissen. Nach 20 Minuten fahren wir aber dann doch hinunter ins Rifugio um etwas zu Essen. Schließlich war noch ein guter Teil der Tour zu bewältigen. Vom Rifugio nahmen wir zunächst die Fahrstraße bergab. Irgendwann bog dann links der 411-er Weg ab. Was nun kam hatte ich zwar schonmal im letzten Jahr teilweise befahren. Heute jedoch war der Weg komplett dran. Nie zu schwer taucht der Singletrail steil in die Nadelwälder hinab. Erst an der Grenze zum Laubwald kamen dann etwas Probleme mit Schneebruch auf.
Auf recht grob verblocktem Pfad führte der 411-er nun deutlich ruppiger immer weiter bergab, wobei er immer wieder die Fahrstraße kreuzte, was willkommene Verschnaufpausen lieferte. Unten angelangt folgten wir nun der Wegweisung in Richtung Passo della Morte, allerdings bogen wir, dem 411-er Weg immer noch folgend, dann beim beginnenden Anstieg wieder links ab. Auf das was nun kam war ich jedoch nicht vorbereitet. Praktisch unberührt lag ein Traumtrail, tief im Wald versteckt, vor mir. Der Weg war bereits mir einer Motorsge vom Schneebruch befreit worden und präsentierte sich in einem "Orginalzustand". So mußten vor 25 Jahren wohl noch alle nun zerpfurchten oder zubetonierten Trails am Lago einmal ausgesehen haben.
Unten blieb mir erstmal die Spucke weg, denn der Abschluß war ein Dreiviertelmeter Drop mitten auf eine Superstrada. Das war mir dann doch des Guten zuviel und ich schob mein Bike außenherum auf die stark befahrene Strasse. Lange mussten wir uns aber nicht mit Autos herumärgern, denn direkt vor dem ersten Tunnel biegt llinks eine alte Umfahrung ab. Ähnlich der Ponalestraße fährt man auf einer nun nicht mehr gebrauchten Teerstraße tief über einer Schlucht entlang. Der einzige Unterschied ist der, daß am gegenüberliegenden Ufer der Sarca ein Brenta-Steilwand nach der anderen auftaucht. Hier dürfte für Kletterer wohl sowas wie das Paradies sein. Erst nach mehreren Kilometern kommt man wieder auf die Superstrada. Über mehrere Kehren geht es hinab nach Sarche. Direkt an der Straße beginnt hier der Sarca-Radweg, der bis nach Torbole führt. Natürlcih nicht, ohne einem in der Maroccche als sentiero della marocche noch einmal einige kilometer Flow-Trails zu präsentieren. Irgendwie ist man dann ab Ceniga froh einfach nur noch entspannt zurück an den Lago die Garda rollen zu können.
ich hatte mich nicht getäuscht. Dies Tour ist für mich so ziemlich das Ultimative, was man am Lago zusammenstellen kann. Endloser Teer-Uphill, endlose Waldweglein, ein ausgesetzter Grat-Singeltrail mit atemberaubenden Tiefblicken, Steilrampen, ein 5 Sterne-de-luxe-Panoramaberg, ein uriges Rifugio, eine der wohl besten Abfahrten im Trentino, einsame gesperrte Teerstraßen, Steilwände, Radwege und natürlich die flowigen Marocche-Trails.
Bis auf weiteres ist das für mich die beste Lago-Tour. Allerdings sollte man erwähnen, daß man die nötige Ausdauer mitbringen sollte. Deutlich unter 6 Stunden dürfte das kaum jemand fahren. Nach Moser-Rechnung sollten wohl so ca. 8-9 Stunden angesetzt werden. Ca. 2300hm und knapp 80 km auf überwiegend schwierigem Terrain sprechen hier eine deutliche Sprache. Man könnte die Tour noch etwas abkürzen, wenn man Arco als Start- uns Zielort wählt. Direkt verpasst hätte man wohl nichts.

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